Der Himmel war sparsam mit dem Wasser. Es hatte schon lange nicht mehr geregnet. Heute meinte es der Himmel jedoch gut mit den Menschen. Die Sonne schien und die Luft war schwülwarm. Urplötzlich fing es zu regnen an. Dicke Tropfen trafen die ausgetrocknete Erde. Auf dem heißen Asphalt verdampfte das Wasser bevor es den Boden berührte.
![regenbogen3_thumb[1]](https://lebenslustrockt.files.wordpress.com/2017/06/regenbogen3_thumb1.jpg?w=398&h=299)
Maria stellte sich nach draußen, hob den Kopf gen Himmel und ließ sich nass regnen. Über so viel Unvernunft schüttelten die Menschen in ihrer Umgebung den Kopf. Sie konnten und wollten dieses Gefühl nicht wahrhaben. Aber die Frau genoss es. Warmer Sommerregen. Was gibt es schöneres? Als der Regen nachließ lief Maria aus der Stadt hinaus. Da zeigte er sich. Ein wunderschöner Regenbogen. Er erstrahlte in einem hellen Gelb, ging in ein sanftes Orange über, errötete um dann von Lila in Blau überzugehen. Den zweiten Rand bildete ein sattes Grün. Der Regenbogen spannte sich vom Stadtrand über den See und lief dann in den Bergen aus. Welch Reichtum mochte sich wohl am Ende des Regenbogens verbergen?
Maria stellte sich gerade diese Frage, als der Regenbogen lockte und ihr zuflüsterte, dass sie ihn überqueren solle. Nur so könne sie das Geheimnis lüften. Was wollte schon wieder diese Stimme im Kopf? Es schien ihr, als wenn sie verrückt würde. Doch die Stimme in ihr und ein Sog zogen sie zum Regenbogen. Es war unvorstellbar!
Da stand sie nun vor dem wabernden Regenbogen. Gegen das Ziehen konnte sie nicht weiter ankämpfen. Also betrat Maria den Regenbogen. Komischerweise sank sie gar nicht ein. Der Regenbogen war glasklar und fest. Sie betrat ihn und lief. Die Luft war angenehm warm und dennoch frisch. Es war als wenn sie durch einen Wald liefe. Der Geruch, das Gefühl. Maria fühlte sich der Natur unendlich stark verbunden. Sie konnte es bis in ihr Innerstes fühlen.
Nach kurzer Zeit hatte sie den Regenbogen überquert und kam auf der Spitze eines Eisberges an. Sie sah sich um und entdeckte den Zugang zu einer Höhle. Sie ging darauf zu. Ein leichter Nebel waberte in Rosa vor dem Zugang. Es war Maria als würde sie abgetastet werden. Sie durchschritt den Nebel und kam in einer hell erleuchteten Höhle an. Das Licht darin kam lediglich durch Eis und den Wänden, die von Bergkristall überzogen waren. Die Frau staunte. Vorsichtig tastete sie sich die Wand entlang. In der Mitte des Raumes loderte ein Feuer. Sie ging darauf zu. Unüblicherweise strahlte das Feuer keine Hitze ab. Es blieb überall gleich warm. In der Mitte des Feuers entdeckte Maria eine Kugel, die in den Farben Gold, Rosa und Weiß schimmerte. Eine Stimme in ihrem Kopf forderte Maria auf, die Kugel zu nehmen. Sie gehöre ihr. Maria schüttelte ungläubig ihren Kopf. Ihre Neugier siegte und sie holte die Kugel aus dem Feuer. Wie warm sie war. Maria tastete die Kugel ab. Es war ihr, als wenn etwas darin pochte. Doch es war ihr eigenes Herz das laut schlug. Die Stimme in ihr forderte sie auf die Kugel mitzunehmen. Damit konnte sie Frieden in die Welt bringen, wenn sie das wollte.
Nach den ganzen Unruhen, die seit Jahrzehnten die Menschen beunruhigten und nur Terror, Angst und Neid brachten, war es an der Zeit, dass sich etwas änderte. Maria glaubte an den Frieden – und die Liebe. Bisher hatte sie nur von Liebe gehört, aber was das genau sein soll, wusste sie nicht. Sie bedankte sich für die Kugel. Irgendwer würde ihren Dank schon hören, sagte sie sich. Sie hielt die Kugel ganz fest an ihren Körper gedrückt und hoffte unbeschadet zu Hause anzukommen. Was sie damit genau machen sollte war ihr schleierhaft.
Nach wenigen Minuten war die Frau wieder zurück in ihrer Stadt. Sie schlug den Weg zu ihrer Wohnung ein, als ihr eine Horde grölender Männer gegenüberstand. Sie lachten und machten ihr klar, dass sie ihnen gehöre. Maria schüttelte ihren Kopf. „Niemals“, sagte sie und hielt ihnen instinktiv die Kugel aus den Bergen hin. Die Kugel leuchtete von tief innen heraus und überstrahlte alles. Die Männer sahen zwischen der Frau und der Kugel hin und her. Ihre wilde Geilheit war verflogen. Ungläubig sahen sie auf ihre Hände, in denen sie eben noch Waffen gehalten hatten. Was ging hier vor? Ein Gefühl breitete sich aus, dass noch niemand in diesem Jahrzehnt gespürt hatte. Frieden und Liebe war auf einmal in ihnen. Sie lachten, wie sie noch nie gelacht hatten und riefen: „Allahu Akbar!“
Von diesem Tag an bekam der Ruf „Allahu Akbar“ wieder die ursprüngliche Bedeutung, den von Frieden und Liebe.
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