Wie soll das funktionieren, wird sich so manch einer fragen. Selbst mir kam das bis vor kurzem noch unvorstellbar vor. Doch ich habe mich eines besseren belehren lassen. Durch gemeinschaftlichen Aktivismus.
Genau genommen, war es an der Zeit verschiedene Dinge zum Boot zu bringen. Mit einer Spedition erschien es zu aufwändig und mit dem Flugzeug schier unmöglich. Diese ganzen Kisten, Geräte, Equipment, Taschen, Ausstattung und was weiß ich nicht noch alles. Ziemlich spontan entschieden wir uns Mittwoch oder Donnerstag – mir fehlt jegliches Zeitgefühl! – zu diesem Gewalttrip.
Donnerstag Abend lud Jan meine Taschen in sein Fahrzeug. Freitag Mittag, nach einem halben Arbeitstag, fuhr ich mit der S-Bahn zu ihm. Seine notwendigen Arbeiten hatte er erledigt und wir konnten direkt losstarten. Irgendwie schienen sich viele Menschen an diesem Wochenende für eine Fahrt in den Süden aufgemacht zu haben. Es war erst einmal viel Verkehr.
Navi und Googeline zeigten uns staufreie Wege auf, so dass es manchesmal quer durch die Pampa ging. Zumindest noch hier in Deutschland. Wir fuhren durch Österreich, Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien nach Griechenland. Solange es Tag war, konnten wir uns an der schönen Landschaft erfreuen. In der Nacht war es dunkel, teilweise ohne irgend ein Licht. Geärgert haben wir uns über die Wartezeiten an den Grenzen von Serbien nach Mazedonien und Mazedonien nach Griechenland. Es gab zwar eine Spur für EU-Passinhaber. Das nützt nur nichts, wenn sich keiner daran hält.
In Mazedonien wurden wir nach einer Greencard gefragt. Es ging um die KFZ-Versicherungskarte. Dummerweise war diese nicht auffindbar. Zum Weiterfahren mussten wir in Mazedonien eine Versicherung abschließen. Wie ärgerlich! Keine Ahnung, ob dagegen angegangen werden kann oder diese Versicherung als unrechtmäßig gilt. Da sollten wir uns vielleicht einmal bei so einem großen Automobilverein erkundigen.
In Athen schafften wir die Fähre nach Egina punkt genau. Kaum waren wir auf der Fähre, wurde schon abgelegt. Ein herrliches Panorama von Athen zeigte sich uns.
In Egina fuhren wir zu der Werft, auf der das Boot an Land auf die Feinarbeiten und uns wartete. Der Werftmeister brachte uns eine Treppe, damit wir mit dem Gepäck zum Boot hochkamen. Das war eine ganz schön wackelige Angelegenheit. Oben das Gepäck ablegen und sich selbst hochhieven kostete anfangs etwas Überwindung. Mit jedem erneuten Hochsteigen fiel es mir leichter. Jan mit seinen langen Beinen tat sich da wesentlich leichter. Erst einmal brachten wir alles aus dem Auto nach oben und verteilten es so gut es ging auf die einzelnen Kajüten. Taue wurden in den Bugkisten verstaut. Ein Schildchen mit Schiffsname und -nummer wurde angebracht.
Für mich war es das erste Mal auf diesem Boot, deshalb sah ich mir alles an, öffnete sämtliche Kästen und inspizierte den Inhalt. Dinge, die mir nicht gefielen oder schlichtweg zu viel waren, haben wir entsorgt. Haushaltsartikel, die ich von mir mitgenommen hatte, verstaute ich. Trotz allem durfte ich einen Teil wieder einpacken, weil es sich als unsinnig herausstellte oder weil es schon an Board war.
Am späten Nachmittag war es dann Zeit für Erholung und wir kosteten das Meerwasser. Erfrischend ist anders. Bei Lufttemperaturen mit mehr als 30 Grad, war auch das Wasser sehr warm. Trotzdem schwammen wir ein Stück hinaus und hatten Spaß an den Wellen. Wieder zurück wurde kurz das Salzwasser abgespült und wir machten uns auf den Weg ins Dorf.
In einer Strandbar erfrischten wir uns innerlich. Als es endlich Zeit zum Essen war spazierten wir von der Werft zu einer nahen Taverne.
Hier konnten wir den Sonnenuntergang zu super leckeren Gerichten aus Garten und Meer genießen.
Schon bald fielen wir müde in die Kojen.
Am nächsten Morgen packten wir frühzeitig unsere Sachen, um die erste Fähre ans Festland zu erwischen. Wir waren sehr zeitig am Hafen. So blieb noch Zeit für einen Cappuccino und einen kleinen Spaziergang an den Booten vorbei.
Als die Fähre angedockt hatte, gingen wir zum Auto. Während die Beifahrer nur als Fußvolk die Fähre betreten durften, mussten die Fahrer die Fahrzeuge nach Anweisung parken. Morgens war wenig los, so verlief das Procedere recht einfach.
Auf der Fähre marschierten wir zum Oberdeck und hatten es fast für uns alleine. Wir versuchten die Möwen in ihrem Flug zu fotografieren. Es war ganz schön windig. Die Möwen zu fotografieren stellte sich deshalb als ziemliche Herausforderung dar. Doch Jan schaffte es, den einen oder anderen Vogel festzuhalten.
Nach der etwa einstündigen Fahrt mit der Fähre fuhren wir in Athen von der Fähre herunter und wieder an Land. Unsere Zeit in Athen / Egina belief sich auf etwa 24 Stunden.
Schon waren wir wieder auf dem Weg retour nach München. Von Griechenland nach Mazedonien, Serbien, Kroatien, Slowenien, Österreich und in unsere deutsche Heimat. Wieder mit Stau an den Grenzen und wieder mit der Frage nach der Greencard in Mazedonien. Und mit einem Abenteuer der etwas anderen Art.
Googeline teilte uns einen Stau mit und fragt, ob wir diesen umgehen wollten. Natürlich drückte der Fahrer das „ja“. Würde doch sicher jeder machen, oder? Der Weg war wunderschön. Es ging durchs mazedonische Hinterland. Die Häuser wurden immer weniger und die Strasse immer holpriger.
Bis wir auf einem Feldweg fuhren. Googeline zeigte uns weiterhin den Weg an. Laut ihren Angaben waren wir noch immer auf der richtigen „Straße“. Diese Straße war schon sehr abenteuerlich mit tiefen Furchen. Gut geeignet für Traktoren oder Geländefahrzeuge. Der SUV, mit dem wir unterwegs waren, packte es trotzdem recht gut. Vielleicht hatte es auch das Fahrzeug einmal genossen vom normalen Weg abzukommen 😀
Hangabwärts konnten wir nach einer Weile wieder eine Siedlung, ein Dorf, sehen. Nur: Keine Menschenseele. Wir fuhren den, inzwischen wieder geteerten Weg weiter und waren dann zurück auf der Autobahn. Allerdings handelte es sich um die serbische Autobahn. Richtig! Wir hatten das eine Land verlassen und sind in ein anderes Land rein – ohne Grenzkontrolle. Wir mochten uns nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn wir aufgehalten worden wären. Es ist alles gut gegangen und vor allem hatten wir sehr viel Spaß dabei 🙂
Nach nur 18 Stunden Fahrt waren wir zurück in München. Etwas Schlaf konnte sich jeder von uns noch gönnen, bevor es in die Arbeit ging.
©by UMW