Es geht auch „ohne“

Wir kennen das alle. Jeder einzelne von uns. Wir haben unsere Vorstellung von unserem Leben und bauen daran herum, so gut es geht. Hin und wieder – oder auch häufiger – kommt es vor, dass wir andere Menschen kennenlernen.

Hier gibt es einen bunten Strauß an Möglichkeiten. Singlebörsen, Stammtische, Events, Sportgruppen, Bars und hin und wieder auch auf der Straße. Tja, so etwas soll es auch geben. Am Anfang steht ein banales Gespräch und vielleicht entsteht daraus der Wunsch sich näher kennenzulernen.

Mit welcher Erwartung geht ihr zu so einem Treffen? Habt ihr überhaupt Erwartungen?

Vor einigen Jahren hatte ich eine Zeit lang fast täglich ein Date. Jeder, der mir irgendwie interessant erschien und dessen Interessen mit meinen in einigen Punkten übereinstimmten, habe ich gedatet. Entweder nur auf einen Drink oder auf ein Essen.

Dadurch ergaben sich einige wenige Freundschaften, doch die meisten waren sogenannte Eintagsfliegen. Natürlich bin ich damals mit der Erwartung hingegangen meinen „Traummann“ zu treffen. Mit Anfang vierzig wollte und konnte ich mir das Alleinsein nur schwer vorstellen. Deshalb trieb ich mich auf solchen Portalen herum. Jeder, der das selbst schon mitgemacht hat, weiß, wie Kräfteraubend das ist. Die Realität holt einen dann doch recht schnell wieder ein.

Irgendwann habe ich diese Erwartungen abgeschaltet. Erwartungen bringen nur Enttäuschungen. Inzwischen weiß ich, dass ich mein Leben ganz gut alleine im Griff habe. Ein Mann darf eine bereichernde Ergänzung in meinem Leben sein. Leichtigkeit und Verbindlichkeit sind mir dabei wichtig.

Seit dem gehe ich mit einer anderen Einstellung zu einem Treffen und lasse es auf mich zukommen. Als Empathin kann ich vieles erspüren. Manchmal leider mehr, als mir Recht ist. Und dieses Gespür, gepaart mit meinem Bauchgefühl und auch meinen Grundsätzen, ist ausschlaggebend, ob ich mein Gegenüber wieder sehen möchte oder nicht. Nach meinen ganzen Erfahrungen werde ich einen Teufel tun, mich über mein eigenes Gefühl hinwegzusetzen.

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Das Date

20160928_125621Kennengelernt hatte sie ihn vor ein paar Tagen. Bei einer Autopanne. Er hatte damals, ganz charmant, angehalten und Hilfe angeboten. Sie hatte diese ausgeschlagen. Da er Interesse an dem Fahrzeug zeigte und sie einen Käufer, gab sie ihm ohne großem Aufhebens ihre Telefonnummer.

Es stellte sich kurzfristig heraus, dass dieser Mann gar kein Interesse an dem Fahrzeug hatte. Ihm gefiel diese Frau! Über Tage zog sich die Unterhaltung über Kurznachrichten hin, bis sich die beiden an einem Abend trafen. In einer Grillbar.

Für sie war es ein Fast-Blind-Date. Sie konnte sich nur schwach an ihn erinnern. Das hätte ihr zu denken geben sollen. Aber so…

Er war bereits eine halbe Stunde vorher da und signalisierte das per SMS. Sie war noch unterwegs. Stellte ihr Auto in die Garage, erledigte noch kurz etwas in der Wohnung, lief zu Fuß zum Treffpunkt und teilte ihm ihr Eintreffen innerhalb eines Zeitraumes mit. Pünktlich zur vereinbarten Zeit war sie vor dem Lokal. Sie schaute sich um. Der Herbstabend ließ nur Schemen erkennen. Doch, da hinten ließ sich ein groß gewachsener Umriss eines Menschen erkennen. Er kam auf sie zu. Lächelnd. Sie begrüßten sich. Steif. Mit Handschlag. Gingen ins Lokal, suchten einen Platz. Setzten sich gegenüber.

Die Unterhaltung lief flüssig, angenehm. Doch dieses gewisse Etwas fehlte ihr. Na ja… Er ist verheiratet. Das ist schon der Abturner schlechthin. Zumindest ehrlich genug, das zuzugeben. Bei ihr kein Herzklopfen. Dennoch: Einfach nur nett und ein angenehmer Abend. Sie trennten sich nach drei unterhaltsamen Stunden. Vielleicht sehen sie sich wieder. Wobei das doch eher unwahrscheinlich ist. Ihre Vermutung hat sich bestätigt: Es ist eine Eintagsfliege.

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Das Date

Es war schon lange Zeit her, dass sich Petra verabredet hatte. Sie wollte es wagen; es war die beste Medizin um eine vergangene Liebe zu heilen. Dieser Mann lag ihr nun doch schon eine Weile hartnäckig in den Ohren und wollte sie näher kennen lernen. Einmal hatten sie sich schon kurz auf einen Kaffee getroffen. Nun lud er sie ein. In sein Haus. Petra war nervös. Was wollte sie anziehen? Auf keinen Fall zu sexy. Lieber die sportliche Variante. So entschied sie sich für eine Röhrenjeans und eine Bluse. Das war genau richtig, fand sie. Sie tuschte ihre Wimpern, schminkte ihre Lippen und entschied sich für Jil Sander als Duft. Mit dem Blick auf die Uhr stellte sie fest, dass die Zeit wieder einmal zu schnell verging. So schlüpfte sie schnell in ihre Stiefeletten, schnappte sich Mantel und Tasche. Mit einem zufriedenen Blick in den Spiegel griff sie nach den Autoschlüsseln und verließ die Wohnung.

Im Auto tippte sie die Adresse ins Navi und startete. Innerhalb von 35 Minuten sollte sie am Ziel sein. Die berechnete Zeit, war trotz des regen Verkehrs auf der Strasse, gut kalkuliert. In dieser Ecke der Stadt war sie bisher selten, so musste sie sich konzentrieren,  um der Stimme aus dem Navi richtig zu folgen. Es war eine gute Gegend, worauf die Häuser und gepflegten Gärten schließen ließen. Petra wurde es mulmig. Auf was hatte sie sich da schon wieder eingelassen? Noch zwei Minuten bis zum Ziel. Schon gab ihr das Navi zu verstehen, dass sie ihr Ziel erreicht hätte und es sich auf der rechten Straßenseite befände.

Das Tor stand offen. Kurz überlegte sie, ob sie rein fahren solle oder doch auf der Straße parken wolle. In dem Moment entdeckte sie, dass Matthias auf sie zukam. Er deutete an, dass sie hereinfahren solle. Sie lenkte das Fahrzeug in die Auffahrt und blieb hinter seinem Auto stehen. Kurz sammelte sie sich. Doch da war der Mann schon an ihrer Fahrzeugtür und hielt sie ihr auf. Charmant ist er also auch noch. Sie lächelte ihn an und stieg aus. Mit einem „Willkommen“ und einem Kuss auf die Wange begrüßte er sie. Er erzählte, dass er Muscheln in einer Tomaten-Knoblauch-Soße vorbereitet hätte. Dazu soll es frisches Weißbrot geben. Petra war begeistert und überreichte ihm eine Flasche Rotwein. „Die passt ja jetzt nicht wirklich dazu“, meinte sie. Matthias winkte ab. „Doch. Passt. Für mich gibt es da keine Regeln“, lachte er.

Nachdem er die Weinflasche beiseite gestellt hatte, nahm Matthias ihr den Mantel ab und geleitete sie in die großzügige modern eingerichtete Küche. Überwältigt blieb Petra stehen. So eine gut ausgestattete Küche hatte sie bisher noch bei keinem Mann gesehen. Mit Erstaunen nahm sie den hübsch gedeckten Tisch zur Kenntnis. Matthias entzündete die Kerzen und bot Petra einen Aperol Sprizz als Aperitif an. Nachdem Petra mit dem Getränk versorgt war, stellte Matthias den Sud auf eine höhere Stufe und ließ die Muscheln im Sieb abtropfen. Nach einer halben Stunde war das Essen bereit. Das Diner war sehr gelungen und reichlich. „Boah! Das ist ja der Wahnsinn!“ lobte Petra den Koch. Stolz streckte sich Matthias durch und wirkte damit noch größer als seine bereits stolzen 1,90 m. Er räumte das Geschirr direkt in die Spülmaschine. Das hatte Petra so noch nicht erlebt. „So ein Saubermann“, dachte sie sich. Das war ja schon fast zu perfekt. Als krönenden Abschluss bot er ihr noch einen Espresso an.

Die Unterhaltung lief sehr locker. Mit Begeisterung stellten sie fest, dass sie mit ihren Interessen doch sehr ähnlich lagen. Motorrad war er auch gefahren. Allerdings hatte Matthias das bereits vor Jahren aufgegeben. Zu viele seiner Freunde hatten auf der Strasse ihr Leben gelassen.

Inzwischen verbrachte er die meiste Zeit, wenn er sich von der Arbeit freischaufeln konnte, am Wasser. Hier hatte er Vieles ausprobiert. Als einziges Equipment hatte er noch ein Segelboot am Chiemsee. Alles, was er sonst zum Wellenreiten, Surfen oder Kiten brauchte, lieh er sich vor Ort aus. Es herrschte eine wunderbare Harmonie zwischen den beiden.

Inzwischen hatten sie eine Flasche Wein geleert. Petra bat um Wasser. Sie wollte noch nach Hause fahren. Matthias wehrte ab. „So schnell kannst du das nicht neutralisieren“, lachte er. „Du kannst hier schlafen. Ich habe Gästezimmer, wenn dir alles zu schnell geht“. Das klang gut. Mit zwei Gläsern Wein war sie noch nüchtern genug, um klare Entscheidungen zu treffen. Sie wollte auf keinen Fall irgendetwas überstürzen. Aber küssen wollte sie ihn und wissen, wie er schmeckt. Küssen ist der Anfang von vielem und entscheidend, ob ein Wiedersehen und mehr möglich ist. Und er konnte küssen…

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